ELIAH: THIS IS A STORY ABOUT EVERYTHING

BUSENFREUND*INNEN // BOSOM BUDDIES
PRIDE MONTH SPECIAL PART IV.

Ich möchte über Trauer sprechen. Ich möchte über Liebe sprechen und ich möchte über Hoffnung für die Zukunft schreiben. Aber wenn ich an die Zukunft denke, distanziere ich mich. Ich möchte darüber schreiben, was es bedeutet, ein Mensch zu sein, aber ich weiß nicht einmal mehr, was das bedeutet. Ich sage mir, dass ich ein*e Optimist*in bin oder zumindest hoffnungsvoll. Ich sage mir (und jedem*r, der zuhören möchte), dass ich glaube; dass ich an Liebe glaube und dass ich daran glaube, dass Menschen zusammenkommen und in unserer gemeinsamen Verletzlichkeit Stärke und Widerstand finden. Aber diese Geschichten, die ich mir über mich selbst und die Welt, in der ich lebe, erzähle, werden immer schwerer zu erzählen. Jedes Mal, wenn ich mich hinsetze, um zu schreiben, fühlt es sich an wie ein Spiel, das ich hundertmal gespielt habe. Ich kenne die Regeln. Ich weiß, ich weiß, ich weiß, ich weiß. Und es ist immer noch nur eine Art Würfelspiel. Und Entscheidungen danach zu treffen, auf welche Zahl man setzt. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Metapher funktioniert, aber wir machen einfach mal weiter.




I want to talk about grief. I want to talk about love, and I want to write about hope for the future. But when I think of the future I dissociate. I want to write about what it means to be human, but I don’t even know what that means anymore. I tell myself I’m an optimist, or at least hopeful. I tell myself (and whoever wants to listen) that I believe; that I believe in love, and I believe in humans coming together and finding strength and resistance in our shared vulnerability. But these stories I tell myself about myself and the world that I live in, they’re becoming harder to tell. Every time I sit down to write it feels like a game I’ve played a hundred times. I know the rules. I know I know I know. And it’s still just throwing the dice. And making decisions based on which eyes you’re betting on. I’m not sure if this metaphor checks out, but we’re rolling (get it?) with it, I guess.
Als ich das letzte Mal hier war (hier im Sinne von im Versuch, diesen Text zu schreiben), begann ich über die Narrativen zu schreiben, die wir uns selbst erzählen. Ich schrieb darüber, wie wir als Menschen Erzählungen rund um Ereignisse, Empfindungen und Erfahrungen konstruieren, um uns selbst und die Welt zu verstehen. Dass wir mit Narrativen aufwachsen, die Erwartungen an die menschliche Erfahrung schaffen und diese strukturieren. Und die Geschichten, die die meiste Macht und den größten Einfluss auf uns haben, sind jene, die wir nicht einmal als solche erkennen. Geschichten, die als grundlegende Wahrheiten verkleidet sind, Geschichten, die naturalisiert und universalisiert werden, Geschichten, die keine Fragen oder Infragestellungen zulassen; Geschichten, die wir anderen aufzwingen; Geschichten, die erzählt werden, um Menschen zu manipulieren; Geschichten, die Hierarchien, Unterdrückung und systemische Gewalt schaffen und aufrechterhalten/naturalisieren;

Ich habe versucht, über das Geschichtenerzählen zu schreiben, anstatt tatsächlich eine Geschichte zu erzählen, weil es mir schwerfällt, zusammenhängende Narrative zu kreieren oder auch nur einen Gedanken weiterzuverfolgen. Aber irgendwann habe ich mich in dem Narrativ verloren, das ich verfolgen wollte, um keine Geschichte zu erzählen. Ich verliere mich in den Details. Ich beginne damit, einen Satz zu schreiben und verliere mich in all den kleinen Teilen, die einen Satz ausmachen. Ich bleibe bei einer Phrase hängen und daran, wie sie mich an andere Dinge erinnert, die ich gelesen habe, und wie diese Geschichte mit dem zusammenhängt, was ich sagen will, oder an etwas anderes, woran ich denke, das mit dem zusammenhängt, was ich sagen will, aber vielleicht komme ich später darauf zurück, und am Ende versuche ich, mich davon abzuhalten, ganze Seiten mit all meinen Gedanken zu einer einzigen Phrase zu füllen. Ich bin frustriert, weil ich am Ende nie die Geschichten erzähle, die ich erzählen wollte. Ich habe das Gefühl, dass ich versage, weil ich die Punkte, die ich zu machen versuche, nicht rüberbringe, weil ich immer wieder abschweife, aber es ist kein wirkliches Abschweifen, denn das würde bedeuten, dass es nichts mit meinem ursprünglichen Gedanken zu tun hätte oder nicht relevant dafür wäre, was alle meine Abschweifungen sind, oder sich zumindest so anfühlen. Ich bin nicht immer gleich schlecht darin, das große Ganze in Worte zu fassen. Manchmal schaffe ich es, beim Thema zu bleiben, und die kleinen Abschweifungen sind wie skurrile Verzierungen eingestreut. Momentan habe ich das Gefühl, dass mir nur noch skurrile Verzierungen gelingen. So viele, dass man die Geschichte, die ich eigentlich erzählen wollte, kaum noch erkennen kann.

Als ich das letzte Mal hier war, habe ich versucht, diesen Prozess von mir anzunehmen. Einfach zu schreiben, wie es kommt. Aber es gibt strukturelle Einschränkungen für das, was mit Sprache im Allgemeinen erreicht werden kann, aber insbesondere mit dem geschriebenen Wort. Es erfordert ein gewisses Maß an linearer Verarbeitung, die ich mir nicht völlig absprechen möchte, aber es kostet mich so viel Energie und Mühe, dass es mir im Grunde die meiste Zeit praktisch unmöglich ist, es zu tun.




The last time I was here (here as in trying to write this text), I started writing about the stories we tell ourselves. I wrote about how as humans we construct narratives around events and sensations and experiences in order to make sense of ourselves and the world. That we grow up with stories which create expectations for and structure the human experience. And the stories that have the most power and influence over us are the ones we don’t even recognize as such. Stories dressed as fundamental truths, stories that are naturalized and universalized, stories that won’t allow any questions or challenging; stories that we impose on other people; stories that are told in order to manipulate people; stories that create and uphold/naturalize hierarchies, oppression and systemic violence; 

I tried writing about telling stories instead of actually telling a story because I’m having a hard time creating cohesive narratives or even just following through a thought. But eventually I got lost in the story I was telling in order to avoid telling one. I get lost in the details. I start out writing a sentence and lose myself in the all the little parts it takes to make a sentence. I get stuck on a phrase and how it reminds me of another things I read and how that story connects what I’m trying to say or something else I’m thinking of that’s connecting to what I’m trying to say but maybe I’ll get to that later and I end up trying to keep myself from filling entire pages with all my thoughts about a single phrase. I get frustrated because I never end up telling the stories I set out to tell. I feel like I’m failing because I can’t make the points I’m trying to make, because I keep drifting off but it’s not really drifting off because that would mean it had nothing to do with or wasn’t relevant to my original thought which all my tangents are, or at least feel like. I’m not always equally bad at telling the larger story. Sometimes I manage to stay on topic and the little drift offs are sprinkled in like quirky ornaments. These days I feel like I all I manage is quirky ornaments. So many that you can barely make out the story I was trying to tell underneath.

The last time I was here, I tried to embrace this process of mine. Just write how it comes. But there are structural limitations to what can be achieved with language in general, but especially with the written word. It demands a degree of linear processing that I’m not entirely incapable of, but it costs me so much energy and effort that essentially makes it practically impossible for me to do a lot of the time.
Ich habe erst vor Kurzem wirklich angefangen zu verstehen und wertzuschätzen, wie mein Verstand funktioniert und wie ich die Welt anders wahrnehme als andere Menschen; Unterschiede, die Erklärungen für Dinge bieten, mit denen ich zu kämpfen hatte, und Schwierigkeiten, die ich mir zuvor nur mit moralischem Versagen erklären konnte („weil ich ein schlechter Mensch bin“).

Ein Aspekt davon ist die Art und Weise, wie ich begonnen habe, zu verstehen und zu konzeptualisieren, wie ich Informationen verarbeite und kommuniziere. Meine Gedanken auszudrücken fühlt sich an, als würde ich ein fünfdimensionales Netz aus Bildern, Geräuschen, Empfindungen, Erinnerungen, Gedanken und Ideen übersetzen, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig existieren, in einen dieser HTML-Textbereiche einfügen, die immer scheinbar zufällig Buchstaben hinzufügen oder Wörter in Zahlen und Bindestriche verwandeln.

Ich habe auch gelernt, dass es manchmal (meistens) nicht ausreicht, Geschichten zu erzählen. Die ausführlichste, am besten geschriebene und allgemein verständliche und tiefgründige Geschichte ist, selbst wenn sie jeder liest, nur eine weitere Geschichte. Und nicht einmal das ist wahr. Denn die Leute hören, was sie hören wollen. Sie interpretieren und bearbeiten und lassen die Teile weg, die nicht in ihr Weltbild passen. Sprache hat so viel Macht. Aber sie ist nicht von Natur aus gut oder schlecht oder gar von Natur aus mächtig. Es ist eine Technologie. Es ist ein Werkzeug. Es ist nicht das Leben selbst. Während ich tippe, merke ich, wie ich abdrifte und mich distanziere – weil ich versuche, zu einem Ende zu kommen, zu einer Art Schlussfolgerung, um am Ende dieser Geschichte etwas Bedeutungsvolles zu sagen, das Dich zufrieden und menschlich zurücklässt. Stattdessen werde ich Euch alle einladen, sich einen Moment Zeit zu nehmen und auf Eure Kiefer zu achten. Entspannt ihn. Zieh die Stirn nicht mehr in Falten. Entspanne Deine Schultern. Atme tief durch. Ich werde Dich mit ein paar weiteren Perspektiven und Geschichten zurücklassen, die mir in den letzten Monaten geholfen haben, als ich versucht habe, meine Rolle bezüglich auf der Unterstützung der Menschen in Palästina, Kongo und Sudan zu verstehen und auf mich selbst aufzupassen, während ich das fünfte Jahr einer Pandemie durchlebe, die weiterhin die Ausgegrenzten und Verletzlichsten tötet, behindert und isoliert.
//E.





I have only recently really started to understand and appreciate how my mind works and how I might experience the world differently from other people; differences that offer explanations for things I’ve struggled with and difficulties I previously had only been able to explain to myself as moral failings (“because I’m a bad person”). 

One aspect of this is the way I’ve started to understand and conceptualize the way I process and communicate information. Communicating my thoughts feels like translating a five-dimensional web of images, sounds, sensations, memories, thoughts and ideas where past and present and future exist simultaneously, into one of these html text areas that always seem to turn randomly add letters or turn words into numbers and hyphens. 

I’ve also learned that sometimes (most times) telling stories isn’t enough. The most fleshed out, the most well-written and universally understood and profound story, even if everybody reads it. Is just another story. And not even that is true. Because people hear what they want to hear. People interpret and edit and leave out the parts that don’t fit their world view. Language has so much power. But it’s not inherently good or bad or even inherently powerful. It’s a technology. It’s a tool. It’s not life itself. As I’m typing, I’m noticing myself drift off and dissociate – because I’m trying to come to an end, to some kind of conclusion, to say something meaningful at the end of this story that leaves you satisfied and human. Instead, I am going to invite you all to take a moment and notice your jaw. Unclench that. Unfurrow your brows. Soften your shoulders. Take a deep breath. I’ll leave you with a few more perspectives and stories that I’ve found helpful over the past couple of months in in trying to understand my place in the support of the people in Palestine, Congo and Sudan as well as in taking care of myself living through the 5th year of a pandemic that continues to kill and disable and isolate the most marginalized and vulnerable.
//E.

Mixed Magic (Substack)

Black Yogi Nico Marie (Youtube)

Leena Norms (Youtube, Social Media & Podcast!)

1948: Creation & Catastrophe Nakba (Documentary)

„Palestine“ – Shaun (Youtube Video)

Und hier ein paar Buchempfehlungen:

Love After the End: An Anthology of Two-Spirit and Indigiqueer Speculative Fiction – Joshua Whitehead
monsters – Claire Dederer
Identitätskrise – Alice Hasters
The Anxious Person’s Guide to Non-Monogamy – Lola Phoenix

(wenn Du Bücher kaufst, denk bitte an Deine unabhängigen, lokalen Buchläden, oder die Bibliothek!)




Lastly, here are some book recommendations:

Love After the End: An Anthology of Two-Spirit and Indigiqueer Speculative Fiction – Joshua Whitehead
monsters – Claire Dederer
Identitätskrise – Alice Hasters
The Anxious Person’s Guide to Non-Monogamy – Lola Phoenix

(For physical copies, check your local independent bookstore or library!)

Name: Eliah (keine/es/dey)
Alter: 29
Körbchengröße: (ich gebe Euch stattdessen zwei Lieblingssongs!)
Sternzeichen: Wassermann
Momentaner Lieblingssong: não fosse tão tarde – lou Garcia; dammi falastani – a.rob, waheeb nasan
Wenn ich ein Tier wäre, dann wäre ich: ein Oktopus!
Drei Dinge, die ich nicht mag: Widersprüchlichkeiten, Zecken, etwas nicht zu wissen.




Name: Eliah (they/them)
Age: 29
Cup size: (I’ll just name two favorite tunes instead)
Zodiac sign: Aquarius
Current favourite tune: não fosse tão tarde – lou Garcia; dammi falastani – a.rob, waheeb nasan
If I were an animal, I would be: an octopus!
Three things I do not like: contradictions, ticks, not knowing.

Eliah hat 2022 schon einen Gastbeitrag zum Pride Month Special geschrieben. Den kannst Du HIER lesen.




Eliah wrote a Pride Month Special in 2022 as well. You can read it HERE, if you are interested.

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